über sechs Jahrzehnte fuhren die Fischer von Leer aus in die Fanggründe in der Nordsee, immer auf der Jagd nach dem "Silberschatz des Meeres", wie der Hering genannt wurde.
In diesem Buch lässt der Autor Dutzende Männer und Frauen zu Wort kommen, die dabei waren. Ob auf See oder an Land, am Netz oder an der Maschine, in der Packerei oder in der Netzstrickerei. Es war eine harte und schweißtreibende Arbeit, mit der alle, die in der Leerer Heringsfischerei beschäftigt waren, ein Stück Wirtschaftsgeschichte der Stadt Leer und des Landkreises mitgeschrieben haben.
In dem Buch kommen auch die Sorgen und Nöte der Angehörigen der Heringsfischer ins Bewusstsein, die nie wussten, wann ihre Lieben heimkommen würden und wie es ihnen auf See erging, ob sie vielleicht mit den Naturgewalten zu kämpfen hatten und ob sie das überleben würden.
SoftcoverVor mehr als 100 Jahren, im Jahr 1906, wurde die Leerer Heringsfischerei gegründet, die über mehr als sechs Jahrzehnte Hunderten Familien Arbeit und Einkommen ermöglichte und das Gesicht der Stadt prägte. Zwischen 1894 und 1911 herrschte Gründungsboom an der Nordseeküste. Auf Initiative von Kaufleuten und Banken wurden in Glückstadt, Vegesack, Altona, Emden, Elsfleth, Gestemünde, Brake, Bremerhaven, Nordenham und Leer Loggerfischereien gegründet. Weil der Heringsfang mit großem personellem Aufwand verbunden und der deutsche Heringsfang gegenüber demjenigen aus Skandinavien und Großbritannien wegen der weiten Anfahrt in die Fanggebiete benachteiligt war, geriet der Heringsfang schnell in die Krise.
Mit der Gründung der "Deutschen Heringshandels Gesellschaft (DHG)" im Jahr 1913 wurde versucht, den Handel zu verstetigen und bessere Preise zu erlösen. Dennoch wurden bereits ein Jahr später zwei Fischereien wieder geschlossen, darunter das Unternehmen "Neptun" in Emden.
Nach Weltkrieg eins geriet der deutsche Heringsfang in eine schwere Krise, die Betriebe in Nordenham, Brake, Glückstadt, Gestemünde und Elsfleth mussten Konkurs anmelden. 1927 gründete die Reichsregierung ein "Kuratorium für die notleidende deutsche Loggerfischerei". Deren Finanzmittel stellten sicher, dass der Heringsfang zunächst bis zum Ausbruch von Weltkrieg zwei fortgesetzt werden konnte. In Glückstadt wurde die Fischerei wiedereröffnet.
Der bekannteste Loggerkapitän der Leeraner Flotte war in der Zeit zwischen den beiden Kriegen der aus Großefehn stammende Lübbe Hartmann. Direktor, Vorstand und Aufsichtsrat der Leerer Heringsfischerei machten ihn zum lebenden Symbol für ihren Betrieb. Er verkörperte für sie alle Charaktereigenschaften, die die Würde eines Leeraner Kapitäns bestimmen sollten. Als Anerkennung für seine Verdienste bekam der erste Neubau der Fischerei den Namen dieses Kapitäns. Taufe und Inbetriebnahme "seines" Loggers konnte der Kapitän nicht mehr miterleben. Wegen des Kriegsausbruchs wurden die Baupläne zunächst auf Eis gelegt. Als der Neubau in Angriff genommen wurde, weilte Hartmann nicht mehr unter den Lebenden. Im Dezember 1943 war er an einem Herzleiden verstorben.
Vor 50 Jahren, 1956, wurde der aus Rhauderfehn stammende und für die Leerer Fischerei arbeitende Klaas Poelmann "Deutscher Heringskönig", weil er in der Saison mit seiner Crew die meisten Heringe gefangen hatte.
Der Mit Abstand erfolgreichreichste Kapitän der Leerer Heringsfischerei war Harm Wiese, der wegen seiner markanten Nase "Harm Nös" genannt wurde. Ihm wurde nachgesagt, eine "Nase dafür zu haben", wo die Netze ausgesetzt werden sollten. In den Nachkriegsjahren wurde er achtmal deutscher Heringskönig. In einer seiner Festreden aus Anlass seiner Ehrung warnte er frühzeitig vor der überfischung der Fangründe, die im Jahr 1968 dazu führte, dass auch die Leerer Heringsfischerei aus dem Wettbewerb gedrängt wurde und ihre Pforten schließen musste.